Mittwoch, 11. Juli 2012

2003 - VII


Prince

Ein Universum
zu klein für die Welt
da draußen
und doch so groß
in der Kraft der Beherrschung,
so abgeschlossen,
so schön und
doch so zerbrechlich.
Es steht nicht
auf meinem Wunschzettel
und doch habe
ich es bekommen.
Die Sterne am Firmament
sind meine Wünsche,
die Wüste ist
meine Erde,
das Wasser mein Durst,
meine Unruhe ist
der Wind,
die Bäume meine
Erinnerung,
deren Blätter fallen,
der Wald ist mein
Versteck
und die Flüsse
meine Gedanken,
das Meer ist mein
Ursprung und die
Wolken meine
Vergänglichkeit,
die Musik mein Herz,
der Stein meine Ruhe.
Gibt es einen Antrieb,
der die Schwerkraft meines
Planeten überwindet,
fragt sich der kleine
Prinz und stürzt
zuweilen ab.

2003 - IX


Fantasie

ist die Mutter
der Gedanken,
die keinen
Vater finden.

Dienstag, 10. Juli 2012

10. Juli

Es wurde einst ein Kuss geboren, an den ich mich erinnern mag.
Wie viel Zeit ging seither verloren an diesem wundervollen Tag?


Alt, das wird man selber,

jung bleibt die Erinnerung.

Samstag, 7. Juli 2012

2003 - VI


Gedankenschwimmer

Auf der Oberfläche
Gedanken
leicht wie Seerosen,
Bewegung
treibt und schiebt sie nur
in leichten
Wellen woanders
zusammen.
Im Meer der Taten
versinkt der
Gedankenschwimmer.
Der Film schließt
sich spurlos friedlich.

Freitag, 6. Juli 2012

2003 - V


Die Vorstellung

Rasiermessersitz, 1. Reihe, wir sitzen in einem Lichtspielhaus. Die Stimmung im Saal ist angespannt amüsiert. Schließlich wird etwas geboten und das hat man zu würdigen.
Schwarzweißfilme flimmern von Streifen und Punkten durchzogen über die Leinwand.
Die ersten kalten Farbsequenzen sind stolz untergemischt. Ab der dritten Reihe sitzen hinter uns Soldaten in grauen Ausgehuniformen. Die sind etwas besonderes, scheinen die einzig freien Menschen im Saal zu sein. Ihre Begeisterung scheint mir aufrichtiger und gleichzeitig will ich mich richtig verhalten, weil es ja jemand sehen könnte, wenn es mich nicht interessiert.
Von großen Plänen ist die Rede, es scheint so eine Art Wochenschau am Anfang zu sein. Ein freies Feld wird gezeigt mit dem Blick zum Horizont. Hier soll einmal das Nordwestzentrum entstehen, so tönt es laut. Da vermischen sich die Ereignisse, scherenschnittartig werden zwei Profile von Politikern eingeblendet. Der Kommentator nennt die Namen: Lafontaine und Schröder heißen diese beiden Figuren. Der Sprecher überschlägt sich, denen sähe man es an der Nase an, wer sie seien. Die Nasen schieben sich noch ein bisschen weiter vor. Ich überlegte, wieso hier aktuelle Politiker gemeint sein können.
Der Sprecher bekommt spontanen Applaus für seinen Kommentar.
Die Vorstellung ist zu Ende. Wir verlassen den Saal. Gehen durch lange Gänge an Ausstellungstücken vorbei, die den Blick auf schneebedeckte Gipfel versperren. Meine Frau möchte so gern die Zugspitze sehen, Deutschlands höchsten Berg. Ich suche die Bergformationen ab, sage noch, kennst Du denn die Zugspitze nicht? Der Gang hat kleine Nebenräume. Aus einem Raum höre ich, wie einem Mann erklärt wird, das er diese oder jene Rechte nicht hat, weil er eben kein Volksgenosse ist. Wenn er einer wäre, könnte er natürlich dieses oder jenes bekommen. In mein Erstaunen, wie leicht es doch ist, zu sagen, das ein Mensch unter anderen steht, mischt sich neues Unbehagen. Das Gespräch hörte sich bestimmt aber freundlich an. Es gab keinen Streit oder schlechte Stimmung. Es ist, wie wenn einem Vertragsbedingungen für einen Vertrag, den man nie unterschrieben hat, erklärt werden. Pech gehabt, das es diesen Vertrag doch gibt.
Endlich sehe ich die Zugspitze allein da stehen. Fast, so scheint es mir so, als ließe sie die Schulter nach rechts hängen. Ich zeige sie meiner Frau. Ich bemerke, dass ich nur einen Kulturbeutel bei mir und diesen unter dem Arm festgeklemmt habe und sage zu ihr: ich glaube, so richtig wohl fühle ich mich erst, wenn wir wieder in unserer Zeit sind.

Donnerstag, 5. Juli 2012

2003 - IV


Eine Frage

Ein schwarzer, fliegender Rochen glitt durch eine surrealistische Landschaft. Ich war in einen Turm mit großen Fenstern gelaufen Nun erlegte ich dieses Tier, eine Frage der Mathematik. Da war etwas Dunkles zur Strecke gebracht worden und ich fühlte meinen Triumph. Hart gekämpft und doch gewonnen. So meinte ich. Im Treppenhaus lag ein Säugling. Ich bückte mich und sah, wie das Leben aus ihm entwich. Trotzdem konnte ich eine klare Stimme hören: leise, bestimmt, bedrohlich: ich komme wieder. Ich ahnte es schon und registrierte wie meine eigene Stimme antwortete: das weiß ich. Du wirst immer wieder kommen und ich werde dich jagen. Wir sind Brüder. Ich werde gewinnen, es ist eine Frage der Logik. Ein Teil eines Spiels, wir sind aufeinander angewiesen. Ohne den Einen würde es den anderen nicht geben. Ein Sieger ist nicht bestimmt. Draußen schien so etwas wie die Sonne und die Treppe war frei. Mein Umhang wehte im Wind, als ich ging.

Mittwoch, 4. Juli 2012

2003 - III


Laredog

Eine gewisse Wertigkeit stand flächend im Raum, zwingend war sie nicht.
Merkst Du, worauf es ankommt, in einer Zeit, wo sich die Großen um den Fleischtopf scharen, weil sie ihre Rationen nicht verringern wollen.
Die Huskies hatten sich kurz umgedreht, als sie merkten, das ihr Führer eingeschlafen war auf seinem Schlitten. Sie sahen sich an und liefen allein weiter in den Norden über endlose Schneeflächen, die glühende Sonne hinter sich lassend. Der Herr war wach geworden durch das harte Knirschen der Kufen und die Schläge des unruhigen Bodens. Nun gab er die Richtung wieder vor. Der Dialog zwischen ihnen zerbröselte wie die Charts mit ihren Unterstützungslinien. Können wir auf einen von Ihnen verzichten, wir brauchen Platz? Die Kurve geht nach unten und mit ihr die Wertigkeit. Die Zeiten sind für einen klare Erkenntnisstand und nicht für vage Worte. Der Mensch ist nicht gleich, obwohl er sich gesellt. Unselbständigkeit ist nichts wert und Selbständigkeit taugt nicht zum Leben. Der Geruch des Fleisches wird dir jetzt entzogen, in guten Tagen gönnten sie ihn dir.
Worauf kommt es in der Welt der Menschen an: auf Geld und ein paar Schlagzeilen. Das ist alles, also laufe, Hund und kämpfe nur mit deinen Artgenossen. Denn du weißt, was Fressen bedeutet: das Paradies.
Und suche keinen Schuldigen wie der Mensch. In Alaska und Sibirien verlieren die Eingeborenen ihre Sprache und ihre Kultur. Eine Wertigkeit geht zu Ende. Sie flüchtet in die Grabhäuser.
Das Leben ist wie eine Autobahn durch das ewige Eis: ohne Raststätte mit nur einer Endstation.