Freitag, 19. Oktober 2012

Gold - XVII

Immer wieder versucht er seine Gedanken zu ordnen. Das Geld auf dem Konto, ist es noch da? Wie viel ? Ich sage es ihm, denn ich habe seine EC-Karte gefunden, die Geheimzahl hatte er mir vor Jahren einmal gesagt. Und die Wohnung? Ist alles noch da. Schnell entsteht noch die Frage nach den Schlüsseln. Auch den zeige ich ihm und sage ihm, dass ich ihn an mich nehmen werde. Er ist einverstanden. Ich will nun noch klären, wem ich über seine Krankheit informieren soll. Als ich den Namen meines Bruders erwähne, fängt er an zu weinen. Ich tröste ihn mit einem Händedruck. 
Ist alles noch da und griffbereit? Die Brille, das Portemonnaie, vielleicht braucht er Geld, um sich das Leben leichter zu machen. Manche Leute tun hier gute Dienste, meint er. Ich habe noch ein bißchen Geld abgehoben und in seine Börse getan. Er ist wieder schwach und vor uns liegt der Nachhauseweg über die Autobahn, bald wird es wieder dunkler werden. Mein Vater mag meine Frau nicht, nun aber streckt er seine Hand aus, wenn sie kommt, wenn sie geht.

Donnerstag, 18. Oktober 2012

Gold - XVI

Eine Art des Selbstgesprächs scheint auch die Kommunikation mit den Frauen zu sein.
Mit einer Freundin geriet er auseinander, weil er behauptete, das Verhalten der Menschen im Deutschland der Hitlerzeit verstehen zu können. Die Freundin hatte an einem VHS-Kurs teilgenommen, in dem die Nazizeit durch zeitgenössische Schilderungen illustriert wurde. Aufgrund ihrer englischen und norwegischen Herkunft hatte sie einen besonderen Bezug zu diesem Kapitel der Geschichte. Anfang der Achtziger Jahre waren noch nicht alle Wunden verheilt, von denen anzunehmen war, die eigenen Eltern hätten sie erlitten. 
Im Englischen bedeutet "Verstehen" soviel wie "Akzeptieren", was er nicht gemeint hatte. Dennoch wurde er nun im Verlauf der Diskussion zu einem Verteidiger Deutschlands.
Ausgerechnet ihm, der sich dem Frankfurter Spontitum verbunden fühlte und der nun auf anarchistischen Pfaden wandelte, ihm passierte das. Doch Ungerechtigkeiten, die er als solche wahr nahm, mochte er nicht.
Leidenschaft ist selten gerecht und Frauen sind es auch nicht.
So schnell wie sie bei Dir einziehen, ziehen sie auch wieder aus. Ein irischer Junge bekam nun ihr Doppelbett, dass sie mit sich herum schleppte.
Sie reiste in die Welt, um ihrer unvergessenen Jugendliebe in England den Besuch zu machen. 
Um später zurückzukehren und festzustellen, dass es gut war, dass er sich nicht geändert hatte.
Doch davor lag ein getrenntes gemeinsames Weihnachten bei der Familie ihres Vaters in Bergen.
Eine Fahrt mit dem Zug durch das verschneite Norwegen von Oslo nach Bergen. 
Vor dieser Reise hatte sie mir erklärt, es sei aus. Ihre Verwandten und Bekannten kamen zu Besuch, besichtigten mich und dachten wohl, ich sei ein netter Kerl. Ein gewisses Bedauern spürte ich, von Deutschfeindlichkeit keine Spur. Bergen ist ja eine Stadt der Hanse mit deutschen Spuren.
Ihr Vater, der den Krieg erlebt hatte, zeigte keine Bitterkeit.
Diese Frau also schob mich ins Abseits. Dabei hatte ich bereits die Zukunft mit ihr geplant, ich war nicht für halbe Sachen.   

Montag, 15. Oktober 2012

Gold - XV

Ihm gegenüber sitzt ein Typ, der ihn wahrscheinlich kennt und trotzdem nicht grüßt, während er sich nicht sicher ist und ihn daher auch nicht grüßt. Das Grüßen ist Glücksache in Deutschland und hat durchaus mit Wertschätzung und nicht nur Höflichkeit zu tun. Da gibt es keine Normalität oder Sicherheit. Sicher ist nur, nichts funktioniert, doch der Zug fährt trotzdem. 
Normalität im Umgang mit dem anderen Geschlecht ist für ihn ebenso wenig gegeben. 
Viele Dinge machen viele Frauen gleich, analysiert er vor sich hin. Das laute Rufen etwa, das keinen Widerspruch kennt. Eingefahrene Verhaltensmuster, die sich in jeder Beziehung immer wieder einstellen und die nicht hinterfragt werden. 
Wie frei kann ein Mann sein?  
Hat er sich gerade von der Mutter gelöst, so beginnt schon die Suche nach den Herzdamen, deren Äußerungen sich im Wiederholungsfall manchmal bis auf das Wort gleichen. 
Er war sicher, es nicht zu mögen, dass jemand in ihn hinein kriechen wolle. 
Der Vibrationsalarm seines Handys schreckt ihn auf. Er spürt ihn eher als die Musik, schafft es jedoch nicht, das Handy aus der Tasche zu ziehen, bevor die Mitreisenden den Klingelton ausgiebig hören. 
Obwohl er seinen Klingelton mochte, fand er diesen Einblick in seine Vorliebe peinlich.
Zu allem Überfluss scheint sein Unterbauch die Vibration seines Handys imitieren zu wollen. Er spürt gelegentlich ein leichtes Ziehen, weiß, dass es sein Handy nicht sein kann und ist irritiert.
So wie, wenn er jemandem begegnet, der mit sich selbst zu reden scheint, dabei aber nur die Freisprecheinrichtung seines Handys benutzt.