Freitag, 26. Juni 2015

Geltung

Diese Woche machte mir erbarmungslos klar, wie eindeutig oben immer noch oben ist und dass ich gnadenlos auf der falschen Seite stand und stehe. Das wird sich auch nicht aendern, wenn ich Rentner bin. Es kann nur sein, dass ich erstmals eine Anpassung meines Einkommens erleben werde, die man als Inflationsausgleich verstehen kann. Bis dahin verliere ich jedes Jahr netto an Kaufkraft und darf mich skrupellos moralisierender Diktion unterwerfen.

Donnerstag, 25. Juni 2015

Majesty

Her Royal Majesty, die Queen von England, gab uns heute die Ehre. Da sie über die Friedrich-Ebert-Anlage und die Mainzer Landstraße in ihrem Konvoi anreiste, um zur Paulskirche zu gelangen, konnte ich aufgrund der Straßensperre ruhigen Schrittes bei rot die Ampel überqueren, um mich zu meiner Mahlzeit beim Metzger meines Vertrauens zu begeben. Aus einer Bank schlurfte eine abgerissene Gestalt auf die Straße. Über den Köpfen derjenigen, die mit ihrem Handy Bilder gemacht hatten, schwebte der Polizeihubschrauber in gebührender Höhe. Bei meiner Rückkehr an die Kreuzung strömten mir die glücklichen Gesichter entgegen, die einen Blick erhascht hatten von Ihro Gnaden, während ich einen banalen Rindergulasch mit Nudeln verspeiste.
Ansonsten hätte sie mir sicher huldvoll zugenickt.
Selbst hart gesottene Banker sonnten sich in dem Glück, das ihnen die Nähe der Queen gegeben hatte. Ich aber suchte mir meine Zeit in einer Betriebsratssitzung angenehm zu vertreiben.

Von mir aus könnte die Queen ruhig öfter kommen, wenn nur die quarkige Berichterstattung in den Medien nicht wäre.

Dienstag, 23. Juni 2015

Ortsumgehung

Du gehst auf einer Umgehungsstraße, die noch nicht eröffnet ist.
Den Weg wirst Du zu Fuß nie mehr machen.
Das Bauwerk harrt größerer Aufgaben. Es läuft mal auf einem aufgeschütteten Damm, über Brücken und durch eingegrabene Täler um einen Ort herum. Wo Mohnblumen an den Böschungen wachsen,
wird am Fahrbahnrand bald ausgekippter Müll liegen. Werden Sanitäter Unfallverletzte versorgen, wird es den ein oder anderen Blechschaden geben oder mal einen Stau. Die Fahrzeuglenker werden
nie Zeit haben, sich das Bauwerk und die künstliche Natur drum herum anzusehen, so wie ich jetzt.
Am Ende der Umgehungsstraße kommt von hinten ein Auto mit beträchtlichem Tempo an den irritierten Fußgängern und Radfahrern vorbei gefahren.
Ein junger Mann steigt aus, meint sein Navi sei schlecht und räumt die Absperrung weg, um weiter zu fahren. Der Ort wird bereits umfahren.