Sonntag, 5. Februar 2012

1980 - XXVII

Pinguinburg

Wo sich das Hellblau mit dem gelben Schein,
der über den Feldern voller grüner Ähren liegt,
vereint, gibt es einsame Flieger, die sich über den
Straßenschluchten der Städte vereinzelt zusammenscharen.
Sie wollen seßhaft werden, aber es herrscht Platzmangel.
Die Reviere der Pinguine bieten ihnen keinen Raum mehr.
Pinguine reglementieren ihre Konflikte und kanalisieren ihre Spannungen in immer mehr Ritualen.
Ihre Illusionen sagen ihnen, daß sie alle menschlich leben sollen und sie dulden dabei keine Störenfriede.

Die Pinguinbürger verteidigen ihr warmes Nest schon vorbeugend, auch wenn sie nicht angegriffen werden.
Sie stecken ihre Standpunkte ab, wie den Platz zum Eierlegen und bauen sich ein Häuschen mit Zaun drum herum.
Ab und zu steigt die Sehnsucht nach der Natur hoch und sie gehen hinaus, um ihre Sicherheiten bestätigt zu finden.
Auf Schildern stehen sie geschrieben, die Namen ihrer Pinguinburgen, wie eine Rückversicherung.

Es lebe die Vorstellung, bis der Vorhang sich senkt.
Die einsamen Flieger ziehen ihre Kreise, irgendwann fallen sie von der Sonne geblendet, tot zu Boden.

Samstag, 4. Februar 2012

1980 - XXVI


Notlösung

Es war einmal ein Floh,
der war des Lebens froh,
er hüpfte gern durchs Gras,
bis ihn ein Käfer fraß.
Denselben fängt der Frosch mit List,
worauf er Storchens' Beute ist.
Ich hoffe, nun ist endlich klar:
die Kinder bringt der Adebar.


Freitag, 3. Februar 2012

1980 - XXV

Amazonas

Verkrampfend, windend durch das Buschwerk
moralischer Normen,
kein Entkommen sehend
aus den Armen der Frau,
die Sehnsucht nach dem guten Kameraden
im Herzen, das, so voller Hoffnungslosigkeit, schwer wird.
Mit der vollen Sicherheit
läßt es sich noch schwerer leben
als mit der unbegrenzten Freiheit des Alleinseins.
Die Hoffnung darf nicht sterben:
das mein Blick wieder frei wird und
ich gänzlich neue Irrtuümer und Fehler begehe,
solange sie mich nur nicht zur Rechenschaft ziehen,
darum reiche mir das Buschmesser, Freund:
denn zärtlich ist das doppelte Lächeln der Amazone
.

Donnerstag, 2. Februar 2012

1980 - XXIV

Renegatin

Liebste Renegatin,
Dein gefühl hat mich verletzt bis ins Mark,
meine Seele lechzt nach Dir
wie ein vertrocknender Baum.
Das Wasser, welches mich erweichte,
vergrößert meinen Durst,
doch das Salz der Tränen bekommt mir nicht.
Und bald werde ich weiter leben,
obwohl der Tod wieder einmal sein Zeichen setzte,
breite Deinen Mantel aus
und gib mir Trost
an Deiner Vergänglichkeit,
deren Brüste mir schon immer geläufig waren.

Mittwoch, 1. Februar 2012

1980 - XXIII

Konjunktiv

Es stinkt zum Himmel,
nein, vom Himmel stinkt es.

Hättest Du mich nur einmal gefragt,
ob ich Dich liebe,
alles gäbe sich von selbst;
so erstarb die große Kraft,
verbrannte sich in mir,
auf meinen Lippen,
die es nicht über sich brachten,
zu bekennen.
Leider schweigst Du und
die Idee begraben wir gemeinsam:
unter den Floskeln der Alltäglichkeit, selbst tötend.
Welch' ein Drama;
wäre mein innerer Spielplan nur etwas abwechslungsreicher !

August '83

Dienstag, 31. Januar 2012

1980 - XXII

Liebe

Wie den schreienden Mund beruhigen,
die zitternden Hände halten,
den Augen entgegensehen,
die Sorgen beruhigen,
die Angst besiegen,
den Mut gewinnen,
die Schwäche erkennen,
sich Selbst sein,
Dir das geben, was Du verlangst ?
Im Strom der Zeitlosigkeit,
die aufhört und endlos beginnt uns zu imponieren
und abzulenken bis zur letzten Ungewißheit,
die uns sagt: wir leben !
Und nur in uns ist alles Gebrauchte,
deshalb mag ich Dich wie mich !

Montag, 30. Januar 2012

1980 - XXI

König des Schmerzes

Im strömenden Regen
waten durch den Sumpf
unserer Beziehung
und doch mit Erleichterung
feststellen,
es ist niemand da.
Und wenn die Nässe
den Anorak durchdringt,
spüre die Seele,
die sich wärmt über
dem alten Zeitungspapierfetzen,
zertretenen Kaugummis
und den leeren Konservendosen,
die hohl glotzen wie Fischaugen,
König des Schmerzes.