Sonntag, 11. März 2012

1998 - V

Goldener Oktober

Du sitzt im Pullover, die Blätter, sie fallen,
beschrieben kaum, Du willst Dich reinkrallen.
Schien eben noch die Sommersonne,
rennt das Leben mit großer Wonne
dem Ende aller Zahlen zu,
kommst Du dabei wirklich zur Ruh' ?
Bilanz zu ziehen fällt Dir nicht schwer,
da war nichts, nur sehr viel Verkehr.
Doch eins ist klar, Du hast es geschafft,
wieder mal nur mit eigener Kraft.
Gibt es einen Lohn in irgendeinem Reich ?
Nein, nur die Blätter fallen golden gleich.
Du darfst durch einen Herbstwald laufen,
wer will sich da noch etwas kaufen ?
Der Boden schwingt unter Deinem Schritte,
Du bist allein, des Lebens Mitte.

Samstag, 10. März 2012

1998 - IV

Portugal

Das ist so eine gute Wahl,
im Sommer geht's nach Portugal.
Wir fahren garnicht nach Spanien,
auch nicht nach Mesopotamien,
im Thüringer Wald ist es zu kalt,
die Nordsee langweilt einen doch sehr bald !
Ich glaube es nun auf jeden Fall:
Urlaub ist nur gut in Portugal !

Freitag, 9. März 2012

1998 - III

Artikel

Ich wollte, ich könnte die Zeitung verstehen.
Ein Bild der Welt mir machen, unbesehen.
Mein Leben ist jedoch ganz anders,
ich heiße auch nicht Lilo Wanders.
Ich bin erschreckend und normal,
keinen Artikel ziert mein Initial.

Donnerstag, 8. März 2012

1998 - II

Ein deutscher Gruß

Danke schön und bitte sehr,
so liebt es der deutsche Herr.
Guten Tag, auf Wiedersehen,
darauf will er immer bestehen.
Sein "Was haste, was kannste, was biste",
es verfolgt Dich bis in die Kiste.
Am Himmelstor der Herr wird sitzen
mit irgendwelchen dicken Listen.
Du sollst in der Hölle schwitzen,
dabei wird er Dich dann siezen.
Er fragt Dich nach der Reservierung, Mann.
Du hast sie nicht, verschwinde dann !
So merke: Freundlichkeit, die gibt es nur,
hast Du gesellschaftlich Statur.
Es bleibt Dir nur zum Abschied zu singen,
in Dir will es die ganze Zeit schon swingen:
danke schön und auf Wiedersehen ...

Mittwoch, 7. März 2012

1998 - I

Kleiner Teufel

Er liegt gern auf der faulen Haut,
schaut ewiglich nach einer Braut,
das Heiligtum ist seine Ruhe,
Genuß des Vino immer zue ,
ein bißchen spielen mit den Karten,
den Lauf des Lebens gern abwarten.

Nichts ist ihm wirklich wichtig,
was er denkt, ist einzig, richtig.
Die Lust ist seine ganze Quelle,
wenn sie versiegt, vergeht er schnelle.
Immer stellt sich ihm die Frage,
was hält am Leben seine Tage ?

Ich will ihm die Leviten lesen,
doch bin ich selbst, gehörnt, das Wesen.

Dienstag, 6. März 2012

"Melancholie unter Palmen" oder 1980


'Das Boot', 'Heißer Stein', 'Königin', 'Mann nehme' und 'Rubbish' sind bereits 1994 erschienen im Sammelband: Unser Bestes - Neue Autoren ...; Herausgeber: Förderkreis Buch und Kunst, Gütersloh
im Autorenverlag im Weserhof

Montag, 5. März 2012

1980 - LI

Königin

Meine Königin hat schöne Beine,
mein Königreich ist 78qm groß
und liegt auf einer Etage,
meine Königin hat einen Purpurumhang,
meine Droschke hat kw,
sie zeigt mir ihr Perlmutt
und ich verliere mich in den zarten
Windungen der Muschel,
kein Anschluß unter der Nummer
meines Telefons,
selbst fahre ich zur Jagd,
die Königin sitzt neben mir
im Wolfspelz,
knirschend rutschende Räder,
Schnee,
die Zentralheizung meines
Königreiches lärmt
und verursacht quellende Augen,
Durst und ausgetrocknete Hälse
trotz preußischblauem Hintergrund
für die Orangen im Fernsehen,
das schale Bier und die Qual der Prospekte,
tausendfach weiches Papier gespült
im Schlund der Abflußrohre,
kistenweise Papier und Glas vom
Wochenende mit der Königin,
die Fata Morgana zeigt ihr wirkliches Gesicht,
die Kehrseite, die trennt und doch verbindet,
wo ist das Königreich des Herzens ?
Der weiße Held, der schwarze Dämon.