Donnerstag, 10. Mai 2012

2000 - XVIII

3. Oktober

Einigkeit und Recht:
Banane
und Freiheit, Urlaub:
Spanien,
Speisesaal und Strand:
Banane,
Feiertag im Bund:
Flughafen,
Republik nimmt mit:
Banane.

Mittwoch, 9. Mai 2012

2000 - XVII

Starker Wind

Hombre, hombre, rufen die Ladies von hinten. Eine von ihnen hatte bemerkt, daß dem Busfahrer immer wieder die Augen zu fielen. So fuhr er mit halb geschlossenen Augen meist links auf der Fahrbahn, um kurz vor dem Gegenverkehr immer nach rechts auszuweichen. Das Manöver gelang ihm perfekt, er kannte die Strecke vom Flughafen wie im Schlaf. Der Rest der Passagiere verhielt sich ja auch ruhig. Harrte geduldig auf das Ende der Fahrt mit diesem Kleinbus, in dem Anschnallen nötig, aber nicht möglich war.
Sondertransfer, so heißt das eigentlich im Reisekatalog. Sollte sich jeder gönnen, der schneller ankommen will im gebuchten Hotel. Caramba, er mußte ihnen was zeigen, zum Beispiel, wie in einer Kurve ohne Sicht überholt wird. Ein anderes Mal demonstrierte er das gerade noch so eben Einscheren nach der Beendigung eines Überholvorgangs, natürlich in einer Kurve. Die Landschaft rings herum zeigte sich monoton felsig, hier einmal eine Verzweigung nach Antigua, dann wieder in eine andere Richtung. Die Straße war schon sehr gut asphaltiert, gleich würden die richtig kurvigen Abschnitte an der Costa Calma folgen und den Spannungsbogen im Bus erhöhen.
Doch Félipe wollte nur eins: schnell in den Feierabend. Er war heute schon einige Male diese Stecke gefahren, früh aufgestanden und es würde abends ebenso spät werden. Seine schläfrig direkte Fahrweise führte zum Ziel, er drehte einfach den Innenspiegel weg. Nun konnten die Ladies das Spiel seiner Augenlider nicht mehr beobachten. Die Männer im Bus dachten auch, es sei gut, wenn der Fahrer ein bißchen Gas gibt, ihm reinzureden bringt es nicht, schließlich versteht er dann garantiert kein Deutsch mehr. Mann will nicht unhöflich sein. Aber die Ladies im Bus zeigten kein Einsehen, verlangten, daß der Fahrer von einem Beifahrer beaufsichtigt und im Falle eines Falles mal angestoßen wird. Diese Bemühungen fielen jedoch alle der Sturheit der übrigen Passagiere zum Opfer. So konnte Hombre Félipe seinen Fahrstil weiter kultivieren. Hier und da tauchten hinter einer Kurve die Wellen des Atlantik in beruhigender Entfernung auf. Was er beim Bergauf verlor, holte sich Félipe bergab zurück: Geschwindigkeit. Erst zwei Kilometer nach dem ersten Hotel fiel einem der Vorsitzer auf, das das wohl seines war. Also zurück auf unerfindlichen Wegen auf die Straße, rein in die Einfahrt und über lästige Bordsteine hinweg. Bald, so hofften sie, würden auch die Ladies am Ziel sein.
Willkommen im Club.



Dienstag, 8. Mai 2012

2000 - XVI

Handwerkszeug

Sie müssen schon mehr tun, als nett sein, junger Mann!
rief die ältere Verkäuferin ihm zu, als er ratend vor dem Verkaufstresen stand.
Die jüngere pflichtete eifrig bei.
Was darf es denn sein? Ein Brötchen bitte!
Vollkornbrötchen? Nein, er wünschte sich ein weißes, schmales mit einer Kerbe in der Mitte.
Nein, ein weißes bitte!
Kaiser-, Rosen-, Buttermilch-, Mohn-, Sesambrötchen oder eine Schribbe?
Er grübelte, früher war alles so einfach, das zum Bäcker gehen und einfach Brötchen verlangen
und bekommen.
Dieser Luxus des Auswählens brachte ihn in Verlegenheit, obgleich
preislich eine gewisse Angemessenheit mit dem Angebot zu erkennen war.
Ungefähr so schwer wie aus der Form des Brötchenteigs sich das Endprodukt vorzustellen, ebenso belastete
es ihn, den Geschmack des Endprodukts zu erahnen.
In der Präbackmischungszeit hatte eine gewisse Unverwechselbarkeit beim Biß ins Brötchen gewirkt.
Das frische Innere und die knusprige Schale, die Erinnerung daran schlug Wellen in seinem Gedächtnis.
Unzufriedenheit stand in seinem Gesicht und fiel auf ihn zurück.
Backen Sie doch selbst, junger Mann! barschte die Alte ihn an.
Gute Idee, aber mit welchem Grundteig?
Er machte sich ja seine Wurst auch nicht selbst,
der Gedanke mit einem Eimer Wurst und einem Meter Darm den Metzger zu verlassen,
kam ihm amüsant vor.
Fast normal dagegen, sich die Brötchen selbst zu verbrennen.
Weißen Teig bitte! herrschte er die junge Verkäuferin an.
Da müssen sie morgens früher aufstehen, jetzt ist der Teig ausgegangen.
Er war versucht zu fragen, wohin. Gut dann eben ein Baguettebrötchen, der Ausweg!
Hatten Sie vorbestellt? Schaltete sich die Alte ein, ein bißchen triumphierend.
Sein Auge fiel auf ein eingepacktes Stück Weißbrot, geschnitten.
Sandwich ist weißer als Brötchen und weicher.
Aber es fehlt der Charakter.


Träume weiter diesen chrunchigen Traum
Und nimm' das Innere aus dem Brötchen
die Kruste davon ist gebräunter Flaum,
die Vorstellung davon gibt Dir Pfötchen.

So hauchte die holde Bäckersfee.
Er zog ein weißes Taschentuch aus der Hosentasche, musste er nicht zur Tankstelle?
Knacke uind backe, wenigstens die im Regal weißen Brötchen!

Wunderkindle?

Ja, auch ich als Buchfreund habe mich mit dem Kindle angefreundet. Da es mir schon immer auf den Inhalt und nicht das Buch an sich angekommen ist, war das zunächst ein leichtes für mich. Ich habe aber dennoch die kostengünstigste Variante gewählt, weil ich glaubte, ganz puristisch ohne viel Schnickschnack auszukommen.
Das ich das mittlerweile bereue, liegt daran, dass ich gern im Netz recherchiere und dort relativ viele interessante Texte im PDF-Format vorliegen. Zwar ist es praktisch, dass man diese nach dem Speichern rasch per Email zur Verfügung hat, aber das Lesen ist nun mal, wenn man den Touchscreen gewohnt ist, mühselig. Zwar lässt sich die Schrift beliebig vergrößern, aber man ist dann relativ häufig zum Scrollen gezwungen und das ist recht aufwändig. Die Tasten sind schwergängig, man fühlt sich in eine frühere Zeit versetzt. Selbst das Blättern der Seiten braucht eine gewisse Fingerkraft.
Nun ja, könnte man meinen, ein Kindle ist ja auch zur Lektüre von Büchern und damit ordentlich formatierten E-Books geschaffen. Das hat zweifelsohne seinen Reiz, wobei mir aber sehr schnell klar wurde, warum die mit Hülle beworbenen Kindles oft mit Leselampe gezeigt werden. Die kann man sehr schnell gebrauchen, wenn die Umgebung dunkel ist. Gut finde ich "Mein Kindle" vor allem im Amazonshop, da habe ich alle Dokumente und Bücher auf einen Blick und kann sie auch gleich lesen, was  bei den Dokumenten gern auf meinem iPad erledige. Nun fragt es sich, wozu brauche ich da überhaupt den Kindle? An den Strand werde ich gewisslich nicht gehen, um in meinem Kindle zu lesen, dafür sind mir die knapp 100 € doch im Verlustfall zu teuer und ich würde mich auch ärgern, wenn jemand Zugriff auf meine Dokumentensammlung bekommen würde. Klar, ich kann meine Sammlung mit einem Passwort schützen, aber was alles mit einem Buch zu tun?
Manchmal will man Texte nicht mehr lesen, auch bei Büchern ist das so. Ich kann also in "Mein Kindle" diese Texte einfach löschen. Nun vorauszusetzen, dass nach der nächsten Synchronisation die Texte auch auf meinem Kindle verschwunden sind, ist ein Fehler. Ich muss die Löschungen auf meinem Kindle manuell vornehmen.
Ich bin mir also aufgrund meiner Erfahrungen überhaupt noch nicht sicher, ob der Kindle mir das Buch ersetzen wird und zu welchem Zweck ich ihn überhaupt einsetzen will. Die hier geschriebenen überwiegend positiven Rezensionen erscheinen mir als übertriebener Jubel. Durch den Kindle wird ja das Lesen nicht günstiger, denn außer den viel beworbenen kostenfreien Klassikern gibt es E-Books deutscher Verlage nur zu demselben Preis wie im Buchladen. Und solange das so ist, gibt es keinen Vorteil gegenüber dem echten Buch. Wer gern fremdsprachig liest, kann sicher etwas sparen. Ein Problem wird aber das Auffinden relevanter Neuheiten und Themen im Kindle-Shop sein. Man gebe einmal "2. Weltkrieg" oder "1945" ein, das Ergebnis ist recht dürftig. Zugegeben, das hat eigentlich nichts mit dem E-Book-Reader an sich zu tun, aber es braucht natürlich auch gute Quellen, also ein gutes Sortiment, wenn ich mich mit dem Kindle so bewegen will, wie als Kunde im Buchladen.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist der Kindle ein Statusprodukt mit einigen guten Ansätzen aber noch zu wenig Bedienungskomfort. Deswegen kann es weder vier noch fünf Sterne dafür geben. 

Samstag, 5. Mai 2012

2000 - XV

Godot wartet auf Star Wars
oder: Schau' mir in die Augen, kleines Casablanca!

Alles begann damit, dass jemand gestorben war.
Er beschloss, es nicht wahr haben zu wollen,
zu warten, bis ein anderer ihn finden würde.
Am Freitag wäre es soweit, das wusste er.
Die Gewissheit trübte den blauen Himmel ein.
Er stand auf der Veranda
und sah auf die weißen Flachdachkasernen,
die sich im Licht des Sonnenuntergangs rötlich abfärbten.
Die meisten Markisen waren heruntergelassen, Südausrichtung.
Casa blanca, dachte er beim Anblick, Casablanca.
In der Bar hinter ihm lief der überdimensionale Fernseher, Star Wars,
die erste Episode.
Soeben rumpelte ein Pseudoroboter durch die tunesische Wüste.
Ausgelassene Wochenendstimmung entwich der Bar ebenso wie der Zigarettenrauch.
Die Leute waren gut gelaunt und seltsam desinteressiert.
So sah niemand das schwarze Dreieck, das scheinbar langsam
an den Fenstern der Lokalität vorübergeglitten war,
um unendlich wie ein sterbender Vogel auf einem Dachvorsprung
an der Ecke gegenüber zu landen.
In Wahrheit musste die Geschwindigkeit sehr hoch gewesen sein,
zu hoch um die Annäherung und den Anflug zu bemerken.
Unbeweglich lag es da, Licht in seinem Inneren war ersichtlich.
Es spähte die Umgebung aus und übermittelte Botschaften.
Bald sollten sie mit ihren pfeilschnellen Motherboards diesen Planeten überfluten.
Zuerst würden sie die menschlichen Urbanisationen kontrollieren und besetzen.
Nur in den kleineren Orten könnten sich die Menschen noch aufhalten.
Alles hing davon ab, den Späher daran zu hindern, Informationen zu sammeln und zu übermitteln.
Denn sie waren für menschliche Begriffe blind, die Gesandten von Godot.
Ohne Koordination und Ziel für ihre Angriffe liefen ihre Besetzungspläne ins Leere.
Sie würden die Sonne ins Visier nehmen und darin verbrennen.
Er wollte das alles nicht. Der Fernseher mußte repariert werden und zwar bis Freitag.

Während er sich zum Eingang der Bar bewegte, befand sich der Roboter in einem Lager für Maschinenschrott,
wohin ihn die Wüstenbewohner gebracht hatten.

Jemand schlug im schmerzhaft auf die Oberschenkel und meinte:
Du bist Buchhändler!
Ale er erwiderte, er sei Redakteur, rief der Saal: das paßt nicht.
Offensichtlich war er in ein heiteres Beruferaten hineingeraten.
In der Tat, die Wächter Godots zeigten unerbittlich ihre Präsenz.
Wozu sollte er den Späher ausschalten?
Sie existierten bereits und bestenfalls konnte deren Arbeit als unauffällig bezeichnet werden,
so dilettantisch die Verkleidung aussah.
Auf den Straßen wechselten sie manchmal die Gesichter.
Luke Skywalker, Du mußt weite Wege gehen, um Vertrauen zu finden
und ein echter Jedi-Ritter zu werden.
Wenn er nicht aufpaßte stieß er mit den Junks zusammen oder trat in deren Spritzen.
Ab und zu glaubte er, die schnellen Schatten über sich zu sehen,
sehnte sich nach einer dunklen, unsichtbaren Umarmung., wenn es kein Licht gab.
Die Schatten Godots jagten ihn, es drängte ihn , den Reparaturdienst zu bestellen.
Unisono erklärten ihm die Werkstätten,
es lohne sich aufgrund der Beschreibung des Defekts der Aufwand nicht.
Er müßte es selbst erledigen oder einen neuen kaufen.
Am Freitag gab es wieder das Programm, niemand registrierte seine Rückkehr in die Bar.
Die Roboter hatten sich gegenseitig repariert und suchten ihren Herrn.
Auf dem Balkon versammelten sich Menschen und er blickte auf sein Casablanca.
Eine schwarze Umarmung ließ es ihn ahnen, der Platz des Spähers lag in wohliger Leere.
Das Warten hatte ein Ende.

Freitag, 4. Mai 2012

2000 - XIV

Von der Lippe

Es stehet ein Verslein vor der Tür,
lass' es nicht rein, ich kann nichts dafür.
Da lärmen plötzlich ein paar Gedichte,
persönlich mag ich lieber Geschichte.
Hochnäsig naht die Poesie,
trägt bauschend auf und schleimt wie nie.
Die Lyrik dagegen will viel verstecken
in verborgenen und halbdunklen Ecken.
Als Wahrheit will uns wohl erscheinen
das Essay als Versuch im kleinen.
Die Erzählung und der Aufsatz
bietet der Wahrheit keinen Platz.
Es gilt garnicht zu interpretieren,
sei es gesagt und soll nicht genieren.
Ein Verslein steht auf der Kippe,
es kommt mir nicht von der Lippe.

Donnerstag, 3. Mai 2012

2000 - XIII

Paradise lost

Gehet hin und machet Euch die Erde langweilig, so sprach der Herr.
Aber wie? fragten ihn nicht nur seine Jünger.
Nun, seid nicht so wie Ihr empfindet, sondern seid was Ihr scheint.
Zeigt nicht das wahre Antlitz Eurer Seele, verschleiert Euch mit Argumenten.
Wartet ab, wer den ersten Stein wirft, tut es nicht selbst.
Überlasst dem Zufall die Veränderungen und fügt Euch in das, was Ihr Schicksal nennt.
Springt nicht in kaltes Wasser und riskiert nichts.
So zogen sie vorsichtig aus und machten sich die Erde und alle anderen Lebewesen untertan.
Sie verbrachten viel Zeit damit, sich gegenseitig umzubringen, zu zerstören und wieder aufzubauen.
Am Ende war die Erde kultiviert und das System des Herrn kollabierte unter der einseitigen Gestaltung der Umwelt.
Die Jünger waren abgelenkt mit ihren Geschäften und hatten den Herrn vergessen.
Der Herr indes schöpfte längst woanders etwas Neues, denn die Ergebnisse seiner älteren Werke wartete er nie ab, er wusste um deren Kurzweiligkeit.