Sonntag, 3. Juni 2012

2001 - XVII

Greek Philosophers on the Beach

Kaffee? Schon rauscht er wie ein Wasserfall in meine Tasse.
Manchmal deckt sich das Angebot mit der Nachfrage.
Das ist nicht immer so, aber letztlich ist man zufrieden,
wenn es überhaupt ein Angebot gibt.
Die Wellen rauschen in unmittelbarer Nähe nordseemäßig heran,
nun schon den zweiten Tag in Folge und der Blick geht hinüber zu einem kleinen
Toilettenhäuschen mit weißblauem Anstrich,
das Dach ist blau, der Rest weiß.
Es steht auf einer kleinen vorgelagerten Felseninsel.
Den idyllischen Anblick zu genießen, dazu fehlt die Ruhe.
Sicher haben es die Mücken und Falter schwerer,
das kleine Häuschen zu besuchen, als unser ebenerdig gelegenes Zimmer.
Der Besuch der Toilette gleicht manchmal der Visite eines subtropischen Schmetterlingshauses.
Schwer sich vorzustellen, dass es griechische Philosophen gegeben haben soll,
die in der Badewanne so bahnbrechende Einfälle wie den Satz des Pythagoras gehabt haben sollen.
Selbst der Gott des Weines, Dionysos, müsste sich heutzutage schon in ein leeres Fass verkriechen und den Deckel von innen zu machen, um weder von den Mücken gestochen zu werden (werden Götter gestochen?),
noch die immer unmotivierter auftretenden Rufe wie "Come on, England!" zu hören.
Zwei alte Damen betrachten mich gerade wie das achte Weltwunder, weil ich auf der Terrasse sitze
und schreibe. Zur Poolbar sind es nur wenige Schritte.
Am Strand findet gerade die Neuverfilmung von "Mein Schatz und das Meer" statt.
Die wiederholt sich jeden Tag und wahrscheinlich bin ich beim abschließenden Schwenk
über die am Strand stehenden Bungalows eine, hoffentlich, nette Staffage.
Die Uraufführung dieser Filme findet sicher recht bald nach Abschluss
der Ferien vor zwangsgeladenen Gästen statt.
Der Tag soll nun bald beginnen, das heißt, Sonnenschutz auftragen.
Dann werden wir uns durch das Meer der Motorroller an irgendeinen Strand begeben.
Irgendwie erinnern mich die Geräusche der Motorroller an Moskitos im Anflug.
Aber die stinken nicht. Neue Wunden heilen schnell: Kali Méra!


Samstag, 2. Juni 2012

2001 - XVI

Kartenspiel

Mitten in der Nacht bin ich aufgewacht,
mein Herz ist schwer, habe an Dich gedacht.
Wie Du wohl aussiehst und wie Du heißt,
ein Gedanke, der um Dich wie die Sonne kreist.
Nach bangen Minuten und ewigem Warten
mischt er sie neu, der Schlaf seine Karten.

Freitag, 1. Juni 2012

2001 - XV

Veda

Erzähle eine Geschichte,
von Billionen Milliarden Atomen,
dem roten Hämoglobin,
den fernen umstürmten Monden
und glitzerndem Rubin.
Erzähle eine Geschichte
Von Sehnsüchten, Gefühl und Lieben,
dem ewigen ideellen Spiel,
den fein ummantelten Trieben
und zitterndem Federkiel.
Erzähle eine Geschichte
vom Chaos gewaltiger Energien,
den Sternen im Bild des Stier,
den Körpern und Aromen
und vom fabelhaften Tier.

Donnerstag, 31. Mai 2012

2001 - XIV

Herbstlicht

Ein Fenster steht offen, lässt Licht herein scheinen,
der Sommer entfaltet eine laue Nacht,
im Bett neben mir, da sehe ich gar keinen
Grund und schlafe nicht ein, nur sacht
dämmere ich dahin, will es manchmal meinen,
der Herbst sei schon da, entfaltet mit Macht
den bunten Reigen mit allen Weinen.
Da ist schon wieder die Sonne, sie lacht.

Mittwoch, 30. Mai 2012

2001 - XIII

Dias en la Vida

Schweren Schritts watete er bedeutungsvoll durch die Gassen. Die Saloontüren schwingen noch hin und her, eben noch hatte er an der Theke seinen Whisky aus Wassergläsern gekippt. Er fühlte sich in die Rolle eines Wyatt Earp versetzt, der mit seinem dunklen Mantel fast die Straße aufkehrte. Aus den Häusern quoll die Angst um ihn herum aus den Ritzen. Er roch sie und fast schon konnte er sie von seinem mächtigen Schnauzbart abperlen sehen. Er leckte sich die Lippen und fügte seinem Gang noch mehr Sicherheit hinzu. Keiner sah seinen Colt, hatte er überhaupt einen? Egal, so wie die Dinge lagen, würde er ihn in der Schwärze der Nacht nicht brauchen. Er genoss es draußen, denn drinnen war er ein Teil von ihnen. Da half ihm auch die doppelläufige
Flinte nicht, die er zuweilen unter seinem Umhang versteckte. Die Angst infiltrierte jedes Haus. Wenn er die morschen Holztreppen heraufgestiegen war, die Zimmertür hinter sich schloss und seinen Patronengürtel abgelegte hatte, konnte er es nicht mehr ignorieren. Im Schlaf schreckte er hoch und rannte los, um den Kampf zu suchen, nur um beim Aufflackern der Lampe zu sehen, dass es keine sichtbaren Gegner gab.
Er gewöhnte es sich ab, den schnellen Erfolg zu suchen, arrangierte sich mit dem wabernden Gefühl, wenn die Ungemütlichkeit der Angst eintrat. Mal nebelnd, mal fließend umgab sie ihn und nährte seine Gewissheit nicht mehr zu wissen, auf welcher Seite er stand. Für das Gute tötete er und manchmal zu schnell.
So kämpfte er allein fast aussichtslos um so härter der Sache willen. Ohne Aussicht auf Genugtuung oder Glück im Wissen und gleichzeitiger Ohnmacht der eigenen Macht.
Nein, einen Whisky brauchte er nicht an diesem Morgen, nur einen Kaffee und eine Zigarre, um die Sache hinter sich zu bringen. Josie würde heute in die Stadt zurückkommen. Aber diese Stadt ist kein Ort für sie.

Dienstag, 29. Mai 2012

2001 - XIII

Clueless (John Lee Hooker)-Blues

Me, me, me sitting in my cage,
you, you, you not being on my stage,
less important and thinking for a clue,
riding the tides and being so blue.
Me, me, me proving for a taste,
you, you, you feel thinking sums up waste.
Blinking ideas shrinking on the shrine,
openended waterfalls spoil away red wine.

Montag, 28. Mai 2012

2001 - XII

Cádiz

ist ein Ziel für viele andalusische Traumurlauber.
So auch für uns, dafür opfert es sich leicht mal einen Pooltag.
Zufrieden verzehrten wir unsere Beute im Bus, denn wir hatten es geschafft,
zwei dieser wunderbar bröseligen Mandelkekse in einer Pasticceria zu erstehen.
Sie zerfallen im Prinzip schon, bevor sie in den Mund gelangen,
das erschwert das saubere Essen.
Dafür entschädigt einen dieser weich würzige Geschmack,
auch für die zehnmalige Belehrung des Busfahrers, der auf meinem abgezählten Fahrpreis besteht,
in dem er ständig "trenta, trenta" wiederholt, was mir nichts klarer macht.
Schließlich lässt er mich erleichtert doch passieren.
Der Fernbus entfernte sich auf einer fast geraden, fast unendlich erscheinenden, Straße aus einer Stadt,
in der wir eigentlich was gesehen hatten?
Eine goldene Moscheekuppel als Kirchendach einer Kathedrale,
enge Gassen, eine Markthalle, einen großen Hafen und einen Aussichtsturm,
auf dem sich die Insellage der Stadt erkennen ließ.
Da liegt Cádiz, hatte uns ein junger Marrokaner an einem Aussichtspunkt westlich von Tanger einmal gesagt
und seine Augen träumten dabei.
Das Pflaster dieser Stadt hatten wir nun, einem rotem Streifen folgend, getreten.
Im nach hinein dachte ich bei mir, wollte dieser sportlich ergraute Busfahrer nur dafür strafen, dass ich mit einem zackigen "Dos per Chiclana" nur allzu offensichtlich Spanischkenntnisse vorgetäuscht hatte.
Nun wollte er einfach nur wissen, ob ich wirklich noch mehr verstehe.
Aber die Geschichte zog nun vorüber und war zu Ende,
während wir über die schmale Landzunge fuhren, die Cádiz mit dem Festland verbindet.
Traumstrand rechts von uns, ebenso leer wie die Parkplätze, die ab und zu von der Straße aus angefahren werden konnten.
Die eigentliche Sensation in gelb und blau befindet sich in der Nähe einer großen Stadt.
Der Fernbus hielt hier leider nicht, fuhr unbeirrt mit seinem temperamentvollen Fahrer weiter.
Ich werde das fettige Papier entsorgen müssen, in dem die Kekse eingepackt waren.
Als nächstes brauche ich Wasser.