König Alkohol
"König Alkohol", dieser Buchtitel von Jack London hat mehr als symbolische Bedeutung, denn die Weise, in der König Alkohol seine Macht erlangt, ist eine magische.
Übt er bei vielen Menschen nur eine vorübergehende, zeitlich begrenzte, Regentschaft aus, so ist der Herrscher Gast im Hause derer, die ihn rufen.
Doch dieser Gast entfaltet bald eine merkwürdige Anziehung.
Er tröstet den Einsamen, hält dem Fragenden seinen Zerrspiegel vor und verspricht dem Vielgeplagten Ablenkung.
Er spielt eine Karte nach der anderen aus, immer noch einen Trumpf in der Hinterhand haltend, um sein Bleiben zu entschuldigen.
Er bleibt dabei stets im Hintergrund und unauffällig, um seinem Opfer den Spielraum zu jeder Selbstverwirklichung zu geben.
Es gibt nur die eine, kleine, Bedingung, nämlich die, daß er Gast bleibt.
Doch in Wirklichkeit könnte sich der Rufende gar nicht mehr von seinem Gast trennen.
Selbst wenn er König Alkohol zum Gehen aufforderte, so würde dies nichts ändern.
Der Ruf nach Ihm ist unwiderruflich.
Er lockt mit seiner klaren, ausdrucksvollen, Sprache, der kalten Wärme und der unbestechlichen Logik des Gefühls.
Er bietet seine Gesellschaft als starker und mächtiger Freund an und gibt Vergessen und scheinbare Ausgeglichenheit zurück.
Ist dieses Angebot erst einmal akzeptiert, so erbietet sich der glitzernde Herr, aufgrund der nun eingegangenen Partnerschaft, alle Probleme zu bereinigen.
Das arme Opfer redet dem König das Wort und glaubt, sein wahres Ich entdeckt zu haben.
König Alkohol weidet sich an dem Irrglaube seiner Opfer in der Sicherheit, sie gewähren lassen zu können.
Den geringsten Zweifel zerstreut er mit dem Aufblitzen seines philosophischen Geistes und treibt mit der Gewißheit seines Daseins sein Opfer von Rausch zu Rauch, von Selbsttäuschung in angenehmen Wahn.
Schließlich wird Er, der Magier, sein Opfer der Bestimmung seines Herrn übergeben.
Das Opfer wird es so wollen.
Wehe um den, der soweit gekommen ist !
Der graue Geselle wartet überall, man kann Ihm nur in Freiheit begegnen.
Schlag-Zeilen
Schlagzeilen tropfen in die Köpfe der Menschen,
gebrauchte Wörter nehmen sie in den Mund,
glauben ihre nicht eigene Meinung,
erklären Unverstandenes weiter,
wälzen sich im eigenen Dung
und kommen doch immer auf den Hund.
Wo bleibt die Erkenntnis ?
Die Existenz des Lebens zu beweisen, das ist eine Aufgabe, die mir müßig scheint.
Das Leben beweist sich durch sich selbst, wir suchen ein für uns gültiges Bild davon.
Als Menschen schließen wir dabei alle Empfindungen anderer Lebewesen aus.
Unsere Auffassung der Dinge wird bestimmt von der Fähigkeit unserer Sinne, etwas aufzunehmen und von der unterschiedlichen Persönlichkeit,
die uns eine Subjektivität gibt, die mal als Objektivität, mal als Individualismus verstanden wird.
Zwar ist der Mensch als Einzelwesen einmalig und unterscheidet sich daher von all seinen Mitmenschen, doch bin ich der festen Überzeugung, daß auch er eine Variante eines immer gleichen Spiels ist und das es eine Einheit gibt, die sich aus der Unendlichkeit der Möglichkeiten ergibt, die gleichsam doch eine Begrenzung darstellt.
Der Mensch als Vielheit einer größeren Einheit, das ist die Aufhebung von Gegensätzen, die dennoch bestehen bleiben.
Trotz der vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten menschlichen Lebens zwingen uns objektive biologische Notwendigkeiten wie das Atmen, Essen, Trinken, Schlafen und letztlich Sterben in eine Art der Lebenserhaltung und Fortpflanzung, die uns wiederum zwingt, uns nicht nur gleich zu verhalten, sondern auch darüber hinaus einen gemeinsamen menschlichen Konsens zu schaffen, der um so wichtiger ist, je mehr Individuen existieren.
Gerade daran scheitern wir allerdings: der Konsens, der sich bei den Tieren und Pflanzen zu perfekten Ökosystemen ausgebildet hat, will uns trotz überlegener geistiger Fähigkeiten nicht gelingen. Uns fehlt der perfekte Plan der Pflanzen und der Instinkt der Tiere.
Wie stelle ich mir einen Vogel vor, der "bewußt" zu fliegen versucht ?
Der Ersatz der übergeordneten natürlichen Steuerungsmittel durch den selbständigen Verstand mißlingt und das beweist, daß unser Individualismus den Untergang bedeutet und gleichzeitig, daß unsere Erkenntnis, selbst wenn sie zutrifft, ohnmächtig ist und bestenfalls als Vorstufe zum Tod und letzten Endes damit zur Einheit gesehen werden muß.
Mit Erkenntnis ist damit im weitesten Sinn Vernunft gemeint als Fähigkeit, Dinge zu beurteilen und innerhalb eines Gedanken- und Wertsystems in Beziehung zueinander zu setzen, einen eigenen Standpunkt zu finden.
Freilich ist es möglich, die Erkenntnisse zu akkumulieren und immer weiter zu ergänzen, sodaß eine höhere menschliche Objektivität erzielt wird, d. h. Erkenntnisse werden nachvollziehbarer.
Die Wissenschaft, im Gegensatz zum vorgegebenen Bauplan der Natur resp. Schöpfung, kann sich nie aus ihrem menschlichen Rahmen lösen, d.h. eine objektive Realität ist nicht herstellbar.
Damit ergibt sich die Frage: wozu also die Mühe, etwas erkennen zu wollen ?
Gerade der menschliche Rahmen gibt uns die Möglichkeit, irgendwo aufzubauen, hätten wir ihn nicht, so gäbe es nichts zu erkennen.
Die Begrenzung unserer Sinne heißt das Leben und die Erfahrung.
Der Mensch ist Ausdruck des Wunsches nach Unterscheidung und scheinbarer Trennung, obwohl er immer Teil des Mikro- und Makrokosmos bleibt.
Er besteht in ihm und aus ihm.
Und obwohl wir begrenzt sind, werden wir unsere Grenzen nie erkennen.
Weder die Weite des Universums, noch die kleinsten Teilchen werden wir sehen.
Nur in uns selbst finden wir philosophische Wahrheit: das Prinzip der scheinbaren Gegensätze. Nichts ist von Bestand und doch besteht es.
Auch die letzte Begrenzung unseres Daseins können wir als endlich und zugleich unendlich begreifen.
Wie können wir sterben, wenn wir eigentlich gar nicht leben ?
Nirgendwo
Wenn das Elend an den Wänden hoch kriecht
und die Suche nach dem Ausweg beginnt,
dann weiß sich das Leben bemerkbar zu machen,
drückt sich aus im Aufschrei der Seele,
die ihre jämmerliche Verkleidung nicht verlieren will
und doch die Angst beiseite schieben muß,
wie dunkle Rauchschwaden,
um Berge zu besteigen
und finstere Abgründe zu durchmessen.
Nirgends lebt es sich schlechter als im Nirgendwo.
Apocalypse now
Jäger der Apokalypse,
die Hunde hetzen Dich
in immer neue Kammern des Labyrinths,
doch keine Tür, die Du hinter Dir verschließt, schützt Dich.
Was Du anfaßt, löst sich zu Staub auf.
Du erhälst nichts und Du wirst nicht erhalten,
wen willst Du vernichten ?
Gegen wen Dich verteidigen ?
Der Untergang ist einzig und allein in Dir
und die Kraft heißt:
damit leben.
Bilanz
Den Nebel beiseite wischend, erscheinen die Sterne als
Punkte des Universums so leuchtend klar, wie die Augen es können, wenn sie fixiert betrachten.
Jede Bewegung bedeutet Verwischung und muß daher zum Stillstand gebracht werden, sonst wäre sie keine.
Den Status Quo der Nichtbewegung erreicht jeder Energiefluß nach gewisser Dauer.
Mag sein, daß alles einem übergeordneten Prozeß dient, die Bewegung selbst scheint nur den Selbstzweck zu kennen.
Das Denken als Reflektion der Aktion ist sekundär für den Ablauf, es sei denn, den Einzelaktionen wohnt ein übergeordneter Gedanke inne, den wir nicht kennen,
und unser eigenes Denken wirkt als Überordnung für zahllose Kleinwelten.
Wir, ob Herren oder Diener, trinken unser Glas aus, mal schnell, mal langsam,
und welche Form der Wesenheit wir danach erreichen, weiß keiner von uns.
Als Ebene des Lebens verlassen wir den Körper, der quasi abgeschaltet wird und den Positivzustand verändert.
Gibt es einen gigantischen Ausgleich zwischen Sein und Nichtsein ? Nichtsein als modifizierter Zustand des Seins ? Göttliche Fragen, über die zu denken unsinnig scheint und doch stecken wir mitten drin.
Die Suche nach Zufriedenheit, die in unserem Zustand nie erreicht wird, weist sie nicht hin auf das Ende ?
Der Weg ist das Leben, aber ohne Leben gäbe es den Weg nicht.
Eine Einheit des Ganzen läßt sich erahnen.
Über den Namen dafür streiten wir noch immer.