Dienstag, 21. Oktober 2014

Informieren Sie sich im Internet

Mein alterndes Nervensystem erlaubt mir manchmal nicht mehr, mein Phlegma durchzuhalten.
Da kommen schlimme Worte lautstark über meine Lippen und das Einzige, was ich ernte, sind verängstigte Blicke meiner Nachbarn.
Ich kann mich nicht auf die Zeit berufen, denn die gibt es ja eigentlich nicht. Es ist nur so eine Unruhe,
die irgendwann zur Ruhe kommt wie ein mechanisches Uhrwerk, wenn es nicht aufgezogen wird.
Weinig aufregend finde ich Dinge, die ich nicht ändern kann. Wenn die Gewerkschaft der GDL meinen Zug nicht fahren lässt, weil sie ihre Machtbasis vergrößern will und die Deutsche Bahn mir dies verschweigt, dann füge ich mich wortlos. Vermutlich hat auch die Deutsche Bahn erkannt: es gibt keine Zeit, was soll also ein Fahrplan?

Mittwoch, 15. Oktober 2014

Impuls auf Sylt

Im neuesten "Sylt-Impuls", einer Zeitschrift, die kostenlos in Sylter Geschäften ausliegt, steht zu lesen: "Also halten wir es mit der Bibel, in der wir aufgefordert werden, unsere Talente zu entwickeln und zu nutzen und sie nach heutigem Sprachgebrauch marktwirtschaftlich, also freiheitlich einzusetzen. Das ist die einzige Methode, von den Reichen Geld zu bekommen und selber reich zu werden."
Starker Tobak, denn ob die Verfasser der Bibel die Sylter Geschäftsgebaren im Sinne hatten, bleibt ebenso zu bezweifeln wie die These, dass marktwirtschaftlich freiheitlich bedeutet.
Zudem offenbart sich hinter diesen gewählten Formulierungen ein Geist, der aus einer sehr alten Flasche zu kommen scheint. Die Seeräuber sind wieder da und nun wollen sie die Beute hochpreisig aufbringen.
Nicht das sie je weg waren, die "schönen" großen Appartementhäuser in Westerland künden davon, aber sie wollen nun mit guter Qualität entern.
Als ob ein Mensch nur aus marktwirtschaftlichen die Insel besucht. Es sind doch Geschichten, die man dort erlebt hat, die einen immer wieder kommen lassen oder auch irgendwann nicht mehr.

Freitag, 10. Oktober 2014

Lounge

Nun rennen Sie wieder die Büchermenschen, so wie jedes Jahr, vom Frankfurter Hauptbahnhof zur Messe. Kein bisschen weniger hektisch, kein bisschen mehr durchdacht.
Was ein gutes Buch haben muss, höre ich eine Journalistin fragen. Ausgerechnet eine Verlagsangestellte antwortet: "Es muss berühren." Wer entscheidet aber darüber, was berührt und was nicht? Leider nicht der Leser.
So darf man sich nicht wundern, wenn es lange nicht mehr Sache des freien Autors ist, was er schreibt. Die Verlage verlangen so etwas, sagte einmal eine auf einer Lesung angesprochene Autorin auf die Frage hin, warum sie sich mit dieser Materie (es ging um einen Roman, der im Mittelalter in Köln spielt) befasse.
Konsequenterweise werden manche Bücher so gleich nach einem vorgegebenen Plot konzipiert.
Idee haben und drauf los schreiben ist nicht.
Währen sich die Industrie jedes Jahr selbst feiert, trifft der willige Leser in so manchem kleinen Ort seine eigene Entscheidung über den Wert eines Buches. Auf dem Bücherflohmarkt wird gern auch ein noch so gering angesetzter Preis herunter gehandelt. Die Politik unseres Ortes hebt das Thema Buch und Bücherei gern aufs Panier, nur kosten darf es eben nichts. Und im Vereinsleben hat der Kleintierzüchterverein sicher mehr Zulauf als ein Verein, der sich um die Förderung von Büchereien verdient machen will.
Alljährlich sehe ich mir also diese Medienhype um Literatur und das Buch gelassen an.
Meine Frau fragt mich derweil, wozu ich all die alten Bücher noch brauche. Ich weiß es eigentlich selbst nicht. Aber ist nicht das, was man mal gelesen hat, Teil von einem selbst?
Bei der "Kritik der reinen Vernunft" von Kant und Davidis Kochbuch kann ich nur bibliographisch argumentieren. Ich werde mich entscheiden müssen. Meine Frau möchte unsere Wohnung in eine Wohlfühl-Lounge verwandeln. Da würden Bücher noch nicht mal als Deko ihren Platz finden.
Davidis riecht allerdings auch sehr streng.





  

Sonntag, 5. Oktober 2014

Goodbuy Sylt

Sylt will hochpreisig werden,
ist es schon längst und zum Event verkommen.
Es wird weniger und kostet mehr.
So einfach ist das.
Vergesst die "Brot und Butter - Touristen" sowie ihr
Eure Einheimischen vergessen habt
und Sylt geht unter, bevor es weg ist.
Sylt ist immer noch schön,
aber verkauft.
Es steht leer.
Moin, moin und good Buy!

Mittwoch, 24. September 2014

Pic

Bilder in der Hand,
Eindrücke in mir,
irgendwo vergeben
ungerahmt das Leben
ohne Wirklichkeit,
unbekanntes Land,
weit entfernt von Dir
in einer anderen Zeit.

Montag, 22. September 2014

Sperrmüll

Heute morgen sah ich dabei zu, wie meine Modelleisenbahnplatte in einem Müllwagen verschwand, nachdem sie vorher handlich gepresst wurde. Was bleibt, ist Sperrmüll.
Gestern fiel mir beim Durchsehen alter Zeichnungen aus meiner Schulzeit eine Postkarte aus dem Jahr 1965 in die Hände. Ich schrieb damals meinen Eltern, dass Robert Lembke uns besucht hat. Wir, das waren die Falken in einem Zeltlager in Bad Lauterberg im Harz. Großen Eindruck hat er wohl nicht auf mich gemacht, denn meine Erinnerung an ihn gibt nichts her. Sie sagt mir nur, da waren Zelte im Matsch, es hatte dauernd geregnet und mir war es zu viel. Ich schreibe denn auch höflich an meine Eltern, dass ich freuen würde, wenn sie kommen würden.
Mein grundgütiger Vater hat das natürlich gleich verstanden und mich nicht nur besucht, sondern mich auch gleich mit nach hause genommen.
So ist das nun Mal, der Mensch vergisst, wenn er lebt. Er muss seine Erinnerungen auf heben, wenn er sich erinnern will oder er verzichtet auf Überflüssiges.
Ich habe noch etliche Bilder von Menschen, die ich nicht oder nicht mehr kenne. Es wird Zeit.
Damit daraus kein "Sperrmüll" wird.

Sonntag, 14. September 2014

14.9. - Nachwort

Morgens letztmaliges Frühstück im Hotel, etwas Wehmut ist dabei. Meinen Fußweg zum Krankenhaus werde ich nicht noch einmal gehen. Bin etwas früher dran wegen der Abholung um 11 Uhr. Die Sonne scheint im schönsten Widerstreit mit meinen Gefühlen.
Am Krankenhaus gibt es ein Problem, eine ältere Dame versucht mir resolut den Zutritt zu verwehren, es sei noch keine Besuchszeit. Ich gebe aber nicht nach und erkläre ihr das mit dem Flughafen.
Auf der Station heißt es: Abholung zum Flughafen ist erst um 16 Uhr. Auch das glaube ich nicht.
Ich kontaktiere den ADAC, der zunächst dabei bleibt, doch auch die Reiseleiterin Sirli hat als Abholzeit 16 Uhr angegeben.
Die Angst geht um bei mir und meiner Frau, werden wir heute wieder unseren Heimflug verpassen?
Schließlich meldet sich der ADAC und bittet um Entschuldigung, unsere Abflugzeit sei mit der eines anderen Notfalls verwechselt worden. 15 Uhr wäre richtig.
Wieder rätseln, warum die Zeitangaben unterschiedlich sind. Heute Mittag wollen wir was anderes als Krankenhauskost. So gehe ich noch einmal im kleinen Einkaufscenter etwas holen. Ein unverhoffter Abschiedsgang. Alles kann ich wie immer mit der Kreditkarte bezahlen. Wir essen zusammen in ihrem Zimmer, dass nun bald neu belegt werden wird.
Aber können wir sicher sein?
Das Krankenhaus ist für die Bestellung des Krankentransports zuständig. Ich interveniere, die Zeit sei doch zu kurz, wenn wir schon um 17.20 fliegen sollen. Schließlich wird uns 15 Uhr zugesagt.
Meine Frau ist reisefertig, liegt auf dem Bett, wir warten, 15 Uhr verstreicht, es passiert nichts.
Die kommen erst um 16 Uhr, denken wir. Doch gegen 15.30 Uhr passiert das Wunder, ein Trupp Sanitäter stürmt die Station. Sichtlich schlecht gelaunt, ein kahl Geschorener und eine Frau, die ständig nickt, wenn man etwas sagt. Der Kahle zwingt meine Frau, das falsche Bein beim Umsteigen vom Bett auf die Transportliege zu belasten. Dann geht es im Eiltempo hinaus. Kein Abschied, kein Glückwunsch begleiten uns. Das Personal ist nicht unfreundlich, aber wir sind Fremde geblieben.
Der Weg vom Ida-Tallinna zum Flughafen ist nicht sehr weit, bald wird klar, warum die Sanitäter erst spät fahren wollten. Am Flughafen ist die Maschine noch nicht da. Wir müssen durch eine separate Sicherheitskontrolle. Sowohl meine liegende Frau als auch ich werden separat voneinander kontrolliert und abgetastet. Dann sehen wir uns im Krankenwagen wieder. Warten, warten auf die Lufthansa-Maschine aus Deutschland. Schließlich ist sie da.  
Ein deutscher Sanitäter kommt auf unseren Wagen zu, stellt sich vor, ist freundlich. Ob wir die Tickets haben, ich verneine. Er kümmert sich. Spricht mit den estnischen Kollegen. Es dauert, er kommt mit den Tickets und unseren Ausweisen zurück. Wir fahren zur Maschine, der Hintereingang ist uns vorbehalten.
Eine Zwischenwand wird entfernt. Meine Frau wird auf den Transport umgebettet. Vier starke Männer müssen das Transportbett mit meiner Frau nun anheben und über den hinteren Sitzplätzen montieren.
Meiner Frau bleibt der Blick zur Kabinendecke.
Der Sanitäter nimmt auf einem der so "überdachten" Sitze Platz, ich als Vollzahler in der Reihe daneben.
Wir werden noch vom Flugkapitän begrüßt werden. Beim Start unterhalte ich mit dem Sanitäter über seinen Job als Rückholer. Während Estland unter uns zurück bleibt, erzählt er, dass er bei Transporten aus exotischen Ländern selbst die ein oder andere Hotelübernachtung machen muss, bis der Rückflug nach Deutschland möglich ist.

Später werde ich schreiben: nun sitze ich schon den zweiten Tag wieder im Zug zur Arbeit. Möchte ein bisschen Estland in mir mitnehmen und weiß, dass es nicht gelingen wird.